Arbeitsverhältnis: Stromdiebstahl im Wert von 1,8 Cent rechtfertigt keine Kündigung
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Ein Mitarbeiter darf nach fast 20-jähriger Betriebszugehörigkeit nicht gekündigt werden, weil er seinen Elektroroller im Betrieb mit Strom im Wert von ca. 1,8 Cent aufgeladen hat. Ein entsprechendes Verhalten rechtfertigt lediglich eine Abmahnung.
Ein als Netzwerkadministrator angestellter Mitarbeiter war über 19 Jahre lang bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Der Mann kam im Mai 2009 mit einem Elektroroller zur Arbeit und schloss ihn an eine Steckdose am Arbeitsplatz an, um den Akku aufzuladen. Nachdem sein Vorgesetzter ihn dazu aufgefordert hatte, nahm er das Gerät nach rund 1 1/2 Stunden wieder vom Netz. Das Aufladen hatte Stromkosten in Höhe von 1,8 Cent verursacht.
Der Arbeitgeber sah darin ein Vermögensdelikt und kündigte dem Arbeitnehmer fristlos. Dagegen setzte sich der Mann zur Wehr - und bekam Recht.
Das Landesarbeitsgericht Hamm sah die Kündigung als unwirksam an. Es gibt keine absoluten Kündigungsgründe. Stets muss im Rahmen einer Interessenabwägung geprüft werden, ob die getroffene Maßnahme im Einzelfall verhältnismäßig ist. Hier hat der Arbeitgeber den Bogen überspannt.
Eine fristlose Kündigung ist angesichts des geringen Schadens und der langjährigen Beschäftigungsdauer des Mitarbeiters unzulässig. Zudem tolerierte der Arbeitgeber, dass im Betrieb Handys aufgeladen und elektronische Bilderrahmen betrieben wurden.
Folge: Der geringfügige "Stromdiebstahl" rechtfertigt allenfalls eine arbeitsrechtliche Abmahnung (LAG Hamm, Urteil vom 2. 9. 2010, Az. 16 Sa 260/10).