Streit um Krankenakte
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Ein Arzt muss eine Kopie der Patientenakte herausgeben, sofern der Patient das wünscht. Gegen Erstattung der Kosten ist er verpflichtet, sämtliche Unterlagen so zur Verfügung zu stellen, dass sie ohne Probleme gelesen bzw. ausgewertet werden können. Der Arzt darf keine Unterlagen zurückhalten, nur weil der Patient noch nicht alle Rechnungen bezahlt hat.
Eine Frau wurde Ende 2012 von Ihrer Zahnärztin behandelt. Nach der Behandlung gab die Patientin gegenüber Ihrer Krankenkasse an, die Zahnärztin habe eine Behandlung durchgeführt, ohne sie vorab mit ihr zu besprechen. Dabei sei eine Krone zerstört worden. Seitdem leide Sie an Schmerzen und einem bitteren Geschmack im Mund. Die Patientin entband die Zahnärztin von der Schweigepflicht und genehmigte die Herausgabe der Krankenakte an ihre Krankenkasse.
Erst als die Krankenkasse Klage auf Herausgabe der Patientenunterlagen erhoben hatte, reagierte die Zahnärztin und legte einen Teil der Unterlagen vor. Die beigefügten Kopien der Röntgenunterlagen waren so schlecht, dass man sie nicht auswerten konnte. In der Verhandlung vor dem Amtsgericht übergab die Zahnärztin sodann einen elektronischen Karteikartenausdruck und machte deutlich, dass die Original-Röntgenaufnahmen in der Praxis eingesehen werden könnten. Außerdem erklärte sie, dass sie die übrigen Unterlagen ohnehin erst dann herausgeben müsse, wenn die Rechnung für die Behandlung bezahlt sei.
Das Amtsgericht München sah dies anders. Die Zahnärztin steht in der Pflicht, gegen Erstattung der Kosten sämtliche Patientenunterlagen in lesbarer Kopie herauszugeben. Aufgrund des möglichen Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Behandlung und der Erklärung der Patientin ist der Anspruch auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen auf die Krankenkasse übergegangen.
Die Zahnärztin hat den Anspruch auf Herausgabe der Krankenakte nicht erfüllt, auch wenn sie einen Teil der Unterlagen übergeben hat. Denn der einheitliche Anspruch auf Einsicht in die Patientenakte besteht so lange fort, bis er vollständig gewährt wurde. Er kann nicht in "kleinen Häppchen" erfüllt werden, sondern nur als Ganzes.
Die Zahnärztin darf auch keine Unterlagen bis zur vollständigen Bezahlung der Rechnung zurückhalten. Denn der Anspruch auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen soll den Patienten in die Lage versetzen, zu überprüfen, ob dem Arzt bei der Behandlung ein Fehler unterlaufen ist, aufgrund dessen der Patient die Zahlung verweigern kann (AG München, Urteil vom 6.3.2015, 243 C 18009/14 ).